Donnerstag, 25. August 2011

gedanken zum kirchenaustritt


„ohne kirche - keine hölle.“ (max frisch)
 
ja, um die kirche und die ganze moralische instanz, die dahinter steckt, wirklich loszuwerden, braucht es mehr als einen kirchenaustritt. aber es ist die symbolik, die diesen schritt so bedeutend macht. es ist „offizielle bescheinigung dich deines eigenen verstandes zu bedienen“, wie man es vielleicht nach immanuel kant formulieren könnte.

viele junge menschen denken, den kirchenaustritt könnte man sich für später aufheben: „bisher zahle ich keine steuern und damit auch keine kirchensteuer – wenn es mal soweit ist, kümmere ich mich drum.“ was einige nicht wissen: die kirche bekommt trotzdem geld für jedes mitglied. und zwar auch für die, die nicht selbst zahlen, da sie auch von staatlichen zuschüssen lebt. und diese sind mehr als zumeist angenommen (siehe beispielsweise http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,727637,00.html).

auch das argument vieler menschen, die kirche mache vielleicht einiges falsch, tue aber auch soviel gutes, ist schwach. man kann sich sicher davon überzeugen lassen, dass einige kirchliche insitutionen sinnvolle projekte machen und das geld zweckmäßig investieren. aber wenn es mir um wohltätigkeit geht, kann ich das geld dann auch an einrichtungen spenden, die ausschließlich dinge tun, von denen ich selbst überzeugt bin. zudem wird nur ein sehr geringer anteil des geldes, das die kirchen über die kirchensteuer einnehmen, für wohltätige zwecke genutzt. ein großteil der einnahmen fließt nämlich in personalkosten.

oftmals steht dem austritt vor allem nur die faulheit im weg, wie immer. das ist ja auch geschickt eingefädelt: man ist automatisch drin (zumindest in den meisten fällen, weil man als kind kaum selbstständig entscheiden kann) – aber man muss aktiv werden, um hinauszukommen. zudem kostet der kirchenaustritt bis auf wenige bundesländer (wie beispielsweise berlin) etwas. diese gebühren können bis zu 60 euro hoch sein und variieren stark nach bundesland und gemeinde. eine ermäßigung für schülerinnen, studentinnen oder arbeitslose ist nicht vorgesehen.

dieses aktiv-werden. das erinnert mich doch an den organspendeausweis. in einigen ländern, beispielsweise in frankreich oder schweden, ist jede person automatisch organspenderin und muss sich explizit engagieren, um dies nicht zu sein. in deutschland: das gegenteil. um organspenderin zu werden, muss jede einzelne aktiv werden, sich so ein kleines zettelchen organiseren und es ausfüllen. klar, das ist keine große sache, insgesamt ist das auch in ein paar minuten gemacht. aber wir wissen doch alle: wenn es taten erfordert, bleiben diese häufiger aus. das zeigen auch statistiken, dass gerade in deutschland wirklich wenige einen solchen spenderausweis haben. so wären angeblich zwei drittel der deutschen bevölkerung zur organspende bereit, aber nur sehr wenige haben einen solchen ausweis (http://www.fuers-leben.de/files/reports/pdfs/repraesentativbefragung.pdf).

ok, mein kleiner exkurs zum organspendeausweis ist zu ende. was hat er überhaupt mit der kirche zu tun? weiterhin sind sich viele menschen nicht sicher, was mit ihnen nach dem tod geschieht. ob sie wohl auch ohne niere oder darm in den himmel kommen? moralische bedenken diesbezüglich sind oftmals aus religiösen überzeugungen gewachsen. und was hat der organspendeausweis zusätzlich mit dem kirchenaustritt zu tun? zum einen: sowohl beim kirchenaustritt als auch beim organspendeausweis wird es jeder person schwer gemacht, weil sie selbst aktiv werden muss. das ist bewusst gemacht und die frage ist, wer da an welchen fäden zieht. achtung: selbstdenken! zum anderen lernen wir: aktiv werden muss jede selbst! 

ach und übrigens: zum thema kirche als arbeitgeber gibt es hier eine interessante artikel-sammlung: http://www.labournet.de/branchen/dienstleistung/allg/kirche.html