Mittwoch, 21. August 2013

von tradition

vergangene woche forderte ein verein von sinti und roma die hersteller der sogenannten „zigeunersoße“ auf, ihr produkt umzubenennen. der begriff „zigeuner“ gilt lange schon als diskriminierend, wieso sollten also rote paprika-soßen so heißen? von den herstellern (unilever for allem) kommt das argument, man nenne diese soße nun einfach schon seit 100 jahren so.

das mag ja sein. aber stimmt das argument? ich meine nicht. nur weil man etwas immer schon so machte, sagt das nichts über die zulässigkeit von handlungen heute. beispielsweise ist es heute verpönt, seine kinder zu schlagen, auch wenn es vor 100 jahren noch teil der erziehung war. da sagt doch heute euch kaum einer, „was damals rechtens war …“!

ich verstehe die sorge der hersteller, dass ein produkt sich natürlich besser verkauft, wenn es unter dem namen bekannt und beliebt ist. aber mal ehrlich: wieviel trauen die ihren kunden zu? vielleicht ist der käufer die ersten male irritiert, wenn er ins regal greift und keine „zigeunersoße“ findet sondern eine „paprikasoße“, eine „pikante soße“ oder ähnliches. aber nach ein paar mal einkaufen hat man sich doch dran gewöhnt. soviel flexibilität traue ich dem menschen zu! und wer diese flexibilität nicht hat, sondern dinge so nennt, wie man sie immer schon so nannte, und dinge tut, weil man sie immer schon tat, der muss einem sowieso leid tun.

ich weiß, vielen schmeckt politische korrektheit nicht. aber für mich hat das festhalten an diskriminierenden begriffen, mögen sie noch soviel tradition transportieren, einen faden beigeschmack. nein, ich finde das sogar geschmacklos.

p.s. übrigens hatte ich schon vor zwei jahren über das thema geschrieben (rassig pikant). speziell über „zigeunersoßen“, die zusätzlich mit „rassig pikant“ klassifiziert sind. dass sich sowas hält, macht mich sprachlos.

Freitag, 2. August 2013

vom schönsein

es ist sommer, endlich ist es heiss. ohne kurze hosen und röcke geht’s bei über 30 grad fast gar nicht, das gilt auch für die, die sonst nicht soviel haut zeigen. jedes jahr aufs neue finde ich verrückt, wie verpflichtend die rasur von körperbehaarung bei frauen ist. überall sehe ich nur noch glattes, rasiertes frauenbein und auch männer hat diese mode mehr und mehr im griff. das betrifft natürlich auch die achselhaare. eine gute gelegenheit mal wieder über unsere schönheitsideale nachzudenken.

in gesprächen mit freunden und bekannten kommt es immer mal auf das thema beinbehaarung. egal, ob helles oder dunkles haar, egal, ob üppig bewachsen oder kaum zu sehen – das muss alles ab! da ist man sich ziemlich einig. in der begründung wiederum liegen unterschiede: da sei ja einfach nicht schön. und dann immer wieder die frage: finden das nicht männer voll eklig, wenn man beinbehaarung hat?

sicher gibt es menschen, die das eklig finden. manche finden „oberlippenbärte sind die absolute härte“ und manche wiederum finden achselhaare abstoßend. haare sind nicht gerade beliebt in unserer gesellschaft. schade eigentlich. haare sind immerhin nicht sinnlos, sondern haben ja ihre aufgaben und sie können – wenn sie gepflegt sind – teil der mode sein. aber daher gleich ganz ab, alles? auch die komplette intimrasur hat sich mittlerweile so durchgesetzt, dass alles andere als „anders“ und selten gilt (taz.de).

es ist natürlich eine frage des geschmacks. und jeder sollte darüber selbst entscheiden dürfen. nichts liegt mir ferner, als jemandem vorzuschreiben, wie er sich wo wann rasieren solle. aber haben wir da immer so eine freie wahl? wo ist die grenze zwischen dem eigenen schönheitsempfinden und dem öffentlichen schönheitsideal? manche rasieren sich, weil sie angst haben, als eklig wahrgenommen zu werden. weil sie verspottet werden, wenn sie nicht dem haarlosen ideal entsprechen. manche rasieren sich, weil sie denken oder auch wissen: andere finden das schön. ohne sicher klarzubekommen, was sie selbst noch schön finden. da schließ ich mich nicht aus – meine eigenen vorstellungen von schönheit sind stark gesellschaftlich geprägt, sich komplett loslösen davon ist vermutlich unmöglich. aber sich immer wieder gedanken darüber zu machen, hilft. zu reflektieren: was will ich eigentlich? wie finde ich mich selbst schön, wie fühle ich mich wohl?

die intimrasur der frau wurde im feministischen diskurs immer auch deshalb als problematisch bezeichnet, weil sie die erwachsene frau verniedlichen will, sie zum kind macht. Dies wird auch als infantilisierung der frau bezeichnet und unter anderem in einem artikel von andrea heinz mit dem titel „mein busch gehört mir!“ (anschlaege.at) zum thema gemacht. es zeigt, dass das persönliche auf seine weise auch politisch ist. und schönheit nicht nur subjektives wahrnehmen ist. schönsein bedeutet für viele soviel stress, dabei können wir doch auf so unterschiedliche weisen schön sein. sich das bewusst zu machen, macht sogar schön. denn: schön ist doch der, der sich in seiner haut (und seinem haar) wohlfühlt.

sowieso: der sommer ist eine viel zu tolle jahreszeit, als sich über das aussehen des eigenen körpers zu sorgen. nu ab nach draussen!