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Samstag, 23. November 2013

schatten der nacht

ich lebe in einer eher beschaulichen stadt, die für ihre romantik bekannt ist. besonders groß ist sie auch nicht und viele bewohner glauben, hier gibt es keine kriminalität und hier würden alle in frieden miteinander leben.

vergangene nacht war ich in einem club tanzen. ein grüppchen jungs fällt mir und meiner freundin auf, um die 20 jahre alt sind sie etwa. man merkt, sie sind auf streit aus. sie sind (vom alkohol?) aggressiv und in pöbellaune. ganz in der nähe tanzt ein schwarzer, zu dem bewegen sie sich hin. von entspanntem tanzen kann keine rede mehr sein, ich warte angespannt ab, was passieren wird, obwohl es in diesem club eigentlich immer sehr friedlich zugeht. und dann: sie prügeln nicht, sie beschimpfen nicht. sie gehen viel feiner vor. sie tanzen so neben ihn, dass sie ihn „wegtanzen“, er hat kaum mehr platz. als er sie darauf hinweist, schauen sie ihn verächtlich an. er wird weiter angeboxt. nach einer weile geht er raus. später sehe ich ihn draussen sitzen und spreche ihn an. ob alles ok ist und was die jungs zu ihm gesagt haben, möchte ich wissen. er meint, es sei alles ok, aber diese kerle wären auf stress aus gewesen. ob ich wüsste, was deren problem sei?

was soll ich antworten? dass sie offensichtlich ein problem mit schwarzer haut haben? dass sie rassisten sind?

was ist denn eigentlich deren problem?

einige zeit später brauche ich frischluft und ich gehe vor die tür. ich gehe ein paar schritte in der dunklen gasse entlang. drei jungs kommen auf mich zu, umringen mich. der eine sagt: „hey, ich hab 22,3 cm in der hose, magst du mal anfassen?“ der zweite meint: „ach, ich hab noch 5 cm mehr. glaubst du nicht, oder? komm, lang hier mal hin“. der dritte lacht dümmlich. ich reagiere empört und mache mich auf den weg nach drinnen. ja, sie haben mich nicht berührt, aber sie verletzen mich mit worten. sie machen angst. sie nutzen die situation der dunklen straße. es macht mich unglaublich wütend. darauf, dass ich mich in der straße fürchten muss. dass ich mir solche sprüche anhören muss. das mit mir und meinen ängsten gespielt wird. das ist sexuelle belästigung. und nein, das ist kein lustiger scherz.

Freitag, 12. April 2013

von selbstbestimmung

„in der gesamten menschheitsgeschichte leugnen sklaven, dass sie sklaven sind“ – dieser satz war diese woche von der femen-aktivitstin inna schewtschenko zu hören (artikel in der süddeutschen). sie bezieht sich damit auf den konflikt mit der „muslimah pride“-bewegung. muslimas aus verschiedenen ländern hatten sich gegen die femen-bewegung ausgesprochen und deutlich gemacht, dass sie sich nicht ausziehen müssten, um frei zu sein. und dass keine aussenstehende personen ihnen sagen soll, ob sie emanzipiert seien oder nicht.

aus schewtschenkos sicht ist das ganz klar: muslimische frauen sind unterdrückt, denn sie tragen ein kopftuch. sie glaubt, man müsse ihnen helfen, sich selbst aus der unterdrückung zu befreien. ihre sicht ist natürlich einseitig und sie ist auch gefährlich. denn einigen frauen zu sagen, was gut für sie ist – sei es noch so „gut gemeint“ – ist paternalistisch und deckt nur neue machtstrukturen auf. auch männer haben jahrhundertelang argumentiert, sie wüssten, was frauen brauchen.

nicht nur im bezug auf männer und frauen gibt es diese gefahr der gut gemeinten bevormundung. sie zieht sich quasi durch alle formen der entwicklungs-zusammenarbeit. die abwendung vom früheren begriff entwicklungshilfe zeigt, dass hier ein umdenken kam und es sind wichtige schritte getan worden. dennoch: wer entscheidet, was die andere braucht?

toll wäre natürlich, wenn jede das selbst entscheiden könnte. wenn die frau entscheiden kann, ob sie ein kopftuch trägt oder nicht. ob sie hausfrau wird oder die karriereleiter nach oben klettert. ob sie sich für femen auszieht oder nicht. ob sie sich prostituiert oder nicht. das problem daran: die ganze thematik ist mit der philosophischen frage verknüpft, inwiefern es freiheit gibt. kann es freiwilligkeit beispielsweise in der prostitution wirklich geben? das fragte sich auch die redaktion von emma im vergangenen dezember (kann prostitution wirklich freiweillig sein?). oder in schewtschenkos worten: kann ein sklave seine versklavung erkennen? und natürlich hat sie zu einem gewissen punkt recht: viele probleme werden nicht als solche erkannt, weil sie „normal“ sind, weil wir an sie gewohnt sind. aber auch alice schwarzer hat mich schon oft geärgert, weil sie zu wissen meint, was für die jungen mädchen das richtige ist. hatte sie sich nicht immer gegen bevormundungen dieser art zur wehr gesetzt?

leicht fällt es uns, von aussen zu entscheiden, was das richtige wäre. was aus unserer sicht freiheit, unabhängigkeit und selbstbestimmung ist. der schwierigere weg ist es, jede frau selbst entscheiden zu lassen, was diese werte für sie bedeuten. und sich trauen zu fragen, ob diese für mich wichtigen werte für eine andere frau vielleicht auch von so grossem wert sind? oder ob unsere vorstellungen davon, wie eine freie frau ist, sich nicht viel stärker unterscheiden? gleichzeitig wird hier einem relativismus der weg geebnet, der ebenso gefährlich sein kann. fakt ist: was freiheit bedeutet und wie ich sie verstehe, kann ich niemandem aufzwängen.

echte freiheit wäre ja, dies frei für sich entscheiden zu können.

Dienstag, 15. Januar 2013

von rache

seit wochen nun hören und lesen wir von den missbrauchsfällen in indien. losgetreten wurde das ganze durch eine brutale vergewaltigung einer jungen studentin in neu-delhi. mich hat in diesem zusammenhang der leitartikel der wochenzeitung „die zeit“ vom 10.1. besonders berührt. der autor schreibt darin von den umständen des prozesses und der bestrafung der täter. leicht nachvollziehbar erscheint der ruf nach rache und nach der todesstrafe, haben doch diese menschen so etwas unmenschliches grausames getan. haben sie etwas anderes verdient? 

in einer demokratie darf es nicht darum gehen, ob jemand etwas verdient hat oder nicht. sondern es geht um gleichheit vor dem gesetz und das recht jedes einzelnen, einen verteidiger zu haben. und nicht sofort getötet zu werden. der zeit-autor weist in seinem artikel nachdrücklich auf die gefährlichen wege hin, wie mit den empörten forderungen eingeschlagen werden. 

empörend sind die fakten, die jetzt endlich öffentlich werden: indische frauen werden unglaublich oft opfer von belästigungen und vergewaltigungen, allein in der stadt neu-delhi soll angeblich alle 18 stunden eine frau vergewaltigt werden. was aber dahinter liegt, ist ebenso empörend: die frau ist nicht viel wert in der ach so gelobten „größten demokratie“ der welt. schon von klein auf sind mädchen unerwünscht, weil das system es vorsieht, dass sie nur geld kosten, aber keines reinbringen kann. ein sohn ist immer noch in indien viel mehr wert als eine tochter, weswegen nach pränatalen geschlechtsbedigungen weibliche föten abgetrieben und kleine mädchen getötet werden. davon erzählt auch in diesem eindrucksvollen interview die indische ärztin dr. mitu khurana, die sich seit jahren gegen diese vorgehensweisen engagiert: interview der ard.

was ist zu tun? es ist großartig, dass in indien die menschen nun darüber sprechen, auf die straße gehen und sich wehren, männer wie frauen gleichermaßen. wir hier in deutschland können wohl nicht viel tun, außer unsere empörung hinausschreien und uns solidarisch zu zeigen mit den indischen frauen. und: dafür sorgen, dass dieses thema verstärkt wahrgenommen und problematisiert wird. weil man endlich darüber spricht.