Donnerstag, 23. Februar 2012

tagebuch der empörung teil I

1.) frontex-mitarbeiter fassen asylsuchende mit gummihandschuhen an, als seien diese minderwertige wesen oder gar abfall.

2.) putin erklärt in seiner rede im moskauer olympiastadion luschniki, die russen seien ein siegervolk, der erfolg liege ihnen in den genen. glaubt er, teil einer wertvolleren rasse zu sein?
und die anhänger bejubeln ihn.

3.) us-amerikanische soldaten verbrennen in afghanistan ausversehen exemplare des korans. sollten sie sich nicht ausreichend mit der gesellschaft vor ort auskennen und wissen, dass das eine todsünde im islam ist?
(dies sage ich im übrigen, ohne die afghanische reaktion entschuldigen zu wollen)

Donnerstag, 16. Februar 2012

deutsche gastfreundschaft

asylpolitik macht mich fast immer wütend. für mich ist sie jedesmal ein wichtiges kriterium bei den wahlen und tatsächlich muss ich immer wieder feststellen, dass in bezug auf asylpolitik eigentlich keine partei wählbar ist.

ich bin auch in diesen tagen immer wieder aufs neue entsetzt. obwohl offensichtlich ist, wie die situation in syrien derzeit ist, gibt es in deutschland bis auf schleswig-holstein keinen abschiebestopp für syrische flüchtlinge. und wer nach deutschland kommt, hat oft unter menschenunwürdigen bedingungen zu leben.

anfang des jahres protestierten jugendliche flüchtlinge, vorwiegend aus afghanistan, mit einem hungerstreik gegen die situation in der stillgelegten bayernkaserne in münchen. sie hatten nicht die versprochenen deutschkurse erhalten. eine aggressive atmosphäre breitete sich in der überfüllten erstaufnahmeeinrichtung aus, viele der minderjährigen flüchtlinge konnten nachts nicht schlafen vor angst. wer hier ruhe zum lernen sucht, findet kaum einen stillen ort. und wer hilfe sucht, findet selten einen ansprechpartner. für ein paar tage ist eine solche unterkunft akzeptabel, nicht aber für einige monate, wie das in der bayernkaserne der fall ist.

eine neue dokumentation der martin-niemöller-stiftung gemeinsam mit pro asyl zeigt, wie heftig auch die bedingungen in der sogenannten abschiebungshaft sind. in die abschiebehaft kommen nach §62 des aufenthaltsgesetzes all jene flüchtlinge und migrantinnen, die ausreisepflichtig sind, abgeschoben werden sollen und ihnen unterstellt werden kann, dass sie sich ihrer abschiebung entziehen könnten. etwas verbrochen haben diese menschen demnach nicht. dennoch werden sie häufig für mehrere monate in die abgeschiebehaft gesteckt, in denen oft erbärmliche zustände vorherrschen. die bedingungen sind von bundesland zu bundesland sehr unterschiedlich, wie die aus der dokumentation entstandene tabelle zeigt (haftbedingungen im überblick). in manchen dieser abschiebehaftanstalten haben die flüchtlinge nur zwei stunden hofgang täglich, dürfen kaum besuch empfangen oder telefonieren. Mahlzeiten müssen in den einzelnen zellen eingenommen werden. teilweise ist sogar gefangenenkleidung pflicht.

dies entspricht in etwa den bedingungen von strafvollzug und widerspricht damit der europäischen rückführungsrichtline, nach der sich abschiebungshaft deutlich von strafhaft unterschieden muss.

um es nochmal zu betonen: diese menschen haben nichts verbrochen.

pro asyl berichtet auch, dass viele menschen rechtswidrig in abschiebungshaft genommen werden. oftmals werden diese flüchtlinge dann nach einer gerichtsentscheidung freigelassen. daher ist es neben menschlichen unterbringungsumständen umso wichtiger, abschiebungshäftlingen zugang zu einer unabhängigen und guten rechtsberatung zu gewähren.

natürlich kann flüchtlingen nicht die heile welt europas präsentiert werden, die sie sich vielleicht in der fernen heimat vorgestellt haben. und leider haben wir wenig einfluss auf die eliten in manchen ländern, die macht ausüben und lebensformen bestimmen. aber wir haben einfluss darauf, wie wir verfolgte menschen, die eben aus diesen unterdrückenden bedingungen entfliehen, hier behandeln. wir, die europäische gesellschaft, die sich heute so satt und zufrieden im kissen räkelt, hat jahrelang von den kriegen und vom leid anderer nationen profitiert. diese verantworung, ja diese altlasten, haben wir zu tragen. auch die würde des flüchtlings sollte unantastbar sein.

Mittwoch, 15. Februar 2012

rot

leidenschaft. von allen farben die wärmste. wut. rockmusik. energie. tod. blume. kraft. johannisbeere. ungewöhnlich. weihnachten. gemütlich. rote-armee-fraktion. eine reife tomate. sonnenaufgang. die linke. herbst. lärm. puls. rotkäppchen. schärfe. wild. das pralle leben. lippen. macht. blut. gefühl. empörung. salami. irrationalität. curry. bewegung. das böse. verletzung. warnsignal. kirsche. theatervorhang. coca cola. rotkehlchen. kommunismus. erröten. apfel. luftballon. gift. fröhlich. sari. roter faden. massage. haar. ärger. ziegelstein. radieschen. scham. lola rennt. freude. platzverweis. hagebutte. korrektur. gummibärchen. roter oktober. impulsiv. rost. absolut. sex. roter teppich. weihnachtsmann. zahnfleisch. pommes rot-weiß. chilischote. ausgelassenheit. pippi langstrumpf. originalität. wein. hexe. achtung. wärme. dach. erdbeere. sonnenbrand. kussmund. auffallend. feuer. rote bete. wille. von allen farben die heftigste. knutschfleck. tortenguss. freundschaft. bollywood. aidsschleife. krass. ampel. rubin. sonnenuntergang. granatapfel. hitze. emotion. paprika. geburt. mohnblumen. sünde. stress. sparkasse. feuerwehr. von allen farben die lauteste. leben. rose. intensiv. erotik. schneeeweißchen und rosenrot. salsa. spd. schottenrock. ampelmännchen. rote lippen soll man küssen. punk. ausflippen. abend. aggressivität. rotlicht. fluch. wüste. tag. laut. dessous. basketball. widerstand. stierkampf. der planet mars. blutwurst. media markt. rot sehen. cranberries. lippenstift. weintrauben. rote zahlen. zorn. rot-grün-schwäche. kerze. markierung. teufel. rotschopf. kampf. fliegenpilz. hölle. revolution. warm. aufmerksamkeit. verführung. von allen farben die schönste. tulpen. stopp-schild. wach sein. china. matroschka. rosarote brille. verlegenheit. verrat. holi. krebs. die bild-zeitung. rote linsen. bonbons. orgasmus. schwedenhäuschen. lebensfreude. nagellack. tanz. absicht. zunge. krach. rasant. schmerz. blätter im herbst. christbaumkugeln. leid. tiefe. londoner doppeldeckerbus. stärke. kinosessel. signalfarbe. satan. von allen farben die mächtigste. blutorange. wunde. grenzziehung. himbeere. deutsches rotes kreuz. eichhörnchen. henna. krieg. aufstand. schnell. roter platz. dämmerung. mund. rotlichtmileu. kuss. von allen farben die intensivste. rote armee. erde. paprikapulver. missverstehen. liebe.

Sonntag, 29. Januar 2012

geboren, um frei zu sein

"wir sind geboren, um frei zu sein" singt die legendäre gruppe "ton steine scherben" um rio reiser im jahr 1973 und so singen sie es immer wieder für mich, immer wenn mir danach ist. klingt das für euch nach einem schwachsinnigen ideal?

ich glaube, man kann das lied und seine message von mindestens zwei seiten betrachten. zum einen denke ich: wie nett. ist ja schön gesagt, aber wir sind nunmal keine komplett freien menschen. jede wird von ihren genen, von ihren mitmenschen, vom abstrakt so schön als "system" bezeichneten umfeld geprägt, und meistens fühlen wir uns auch nicht frei von finanzieller absicherung.

aber was steckt dahinter? vom geld abhängig bin ich nur in einem rahmen, in dem diese abhängigkeit aufrechterhalten wird. in einem system, in dem finanzen die große rolle spielen. unabhängiger vom geld würde ich beispielsweise durch ein bedingungsloses grundeinkommen werden. und die einflüsse der anderen, der mitmenschen? ja, ich muss sagen, die spüre ich auch oft. dann grüble ich, was die anderen darüber was ich mache oder sage, denken. wir kommen uns häufig so klein und unwichtig vor und hoffen, ein wenig liebe oder wenn möglich sogar sehr viel liebe zu erhalten. ist das nicht unwahrscheinlich unfrei?

zum anderen glaube ich an die freiheit. ich glaube, dass das wichtigste ist, sich dieses ziel des freiseins zu setzen. wie kann ich frei sein, wenn ich es nicht wage? wie kann ich mich lösen vom "was-denken andere-über-mich"-diskurs, wenn ich mich nicht engagiere, wenn ich nicht mein bestes tue, um dies loszuwerden? wäre es nicht wunderbar, sich mal zu fragen, was man wirklich will - als sich andersum zu fragen, was die anderen von einem wollen? wäre es nicht herrlich, sich mal zu fragen, welche seminare an der uni einen wirklich interessieren – als sich andersrum zu fragen, welche seminare an der uni einem creditpoints geben? wäre es nicht ein traum, einen beruf anzustreben, der einen glücklich macht – als sich andersrum zu fragen, welcher karriereweg einen reich machen kann? wäre es nicht schön, sich mal zu fragen, ob man selbst wirklich lieben kann und wen man liebt - als sich andersrum zu fragen, ob man geliebt wird und von wem?

ich glaube, freiheit ist vor allem freiheit im denken, nicht im tun. und dann sind wir doch irgendwie geboren um frei zu sein.

Mittwoch, 25. Januar 2012

wörterlust

worte können vieles sagen
und mit worten kannst du fragen.
manche steigern deine liebe,
andre worte sind wie hiebe.

es gibt worte die zerbrechen
vorsichtig darfst du nur sprechen.
manche wiederum sind klar,
direkt, prägnant und offenbar.

jeder der kommuniziert,
hofft das jemand auch kapiert
um was es ihm geht.

jeder will, dass der andre versteht.

oft bleibt sinn uns erst verborgen
dann verstehen wir uns morgen.
letztlich ist nur wichtig:
kaum ein wort ist nichtig.

lust an sprache, lust an worten,
lust am schreiben an allen orten.
schreiben werd ich oft für dich,
aber manchmal nur für mich.

Donnerstag, 5. Januar 2012

wer ohne schuld ist ...?


lieber herr bundespräsident und sonstige gestalten des öffentlichen raumes, die sich immer wieder mit dieser phrase rausreden: ihr nervt!

natürlich hat jeder von uns irgendwann einen fehler begangen. die einen kleinere, die anderen größere. jeder von uns hat sich irgendetwas zuschulden kommen lassen. mir wäre es jedoch peinlich, mich mit so einem satz retten zu wollen. wieso nicht einfach eine ehrliche entschuldigung, eine erklärung dessen, was war? wieso dieses relativieren und in beziehung zu all den fehlern zu setzen, die irgendwo auf der welt gemacht werden? die kredit-affäre, herr bundespräsident, ist nicht das eigentliche problem. der echte fehler liegt darin, die pressefreiheit anzugreifen. und darin, sich rausreden zu wollen. hätten sie doch gleich nach den ersten berichten über die kredite eine entschuldigung ausgesprochen! stattdessen waren sie stolz und eitel. und scheinbar so wütend über die situation, dass sie sich zu einem echt peinlichen anruf bei der bild hinreißen ließen. was ist da los? wie kann plötzlich der verstand so aussetzen?

und dann noch der satz "wer ohne schuld ist, werfe den ersten stein". ich kann dieses bibelzitat einfach nicht mehr hören. es ist so wunderbar einzusetzen bei jedem fehler, bei jedem eingeständnis von irgendwelchen schandtaten, ob größer oder kleiner. hier sollen keine parallelen gezogen werden, aber sogar hitler hätte dieses zitat bringen können und letztlich irgendwo recht gehabt.

dieses eitle getue und sich gleichzeitig als opfer darstellen – das nervt wirklich. ich glaube nicht, dass die bevölkerung bibelzitate will, sie will neue formen der entschuldigung, sie will ehrlichkeit und aufrichtigkeit.

ihre johanna

Mittwoch, 21. Dezember 2011

vom risiko

nun steht weihnachten vor der tür. alle jahre wieder gibt es diesen ungeheuren kaufrausch – geschenke, geschenke, geschenke. auch ich hab ein bisschen mitgemacht. voller vorfreude auf die gesichter der lieben beim auspacken. es wäre alle jahre wieder an der zeit, daran zu erinnern, wie verrückt dieser konsumrausch ist. wenn man sich die situation anderer menschen anschaut. wenn man in andere länder schaut und in familien, in denen man froh ist um sein täglich brot.

ich will es bei diesen paar zeilen erinnerung daran belassen. nicht, weil ich diese menschen in vergessenheit geraten lassen möchte – dann hätte ich sie gar nicht erst erwähnt – aber weil auch dieses erinnern alle jahre wieder ein bisschen nervt. dieser moralische zeigefinger.

ich hab in den letzten tagen viel weniger an weihnachten aber viel öfter an das neue jahr gedacht. 2012 – was wird es wohl bringen? mit vorsätzen für bestimmte handlungen konnte ich noch nie etwas anfangen. ob ich kommendes jahr weniger schokolade esse? keine ahnung, das entscheide ich spontan. und überhaupt ist das ein unrealistischer vorsatz. aber denkweisen oder -strategien – die kann man sich vorher mal bewusst machen. im sommer habe ich das gedicht "das pralle leben" gepostet (22. Juni 2011), das ich anfang des jahres geschrieben hatte. und es gilt wieder. auch das nächste jahr möchte ich mich immer wieder für das pralle leben entscheiden. das pralle leben – das heißt für mich in die vollen zu gehen. ich möchte nicht larifari, nicht wischiwaschi und all die anderen lustigen begriffe die man für diesen traurigen zustand wählt. ich möchte nicht anstreben, allen zu gefallen. ich möchte keine arschkriecherei. ich möchte einfach nur mit den menschen, die ich wirklich mag, eine gute zeit haben. ich möchte nicht aus angst auf bestimmte situationen auf bestimmte gefühle verzichten. ich möchte reingehen in diese situationen. ich möchte voll leben. ich möchte nicht auf das glück warten, sondern immer darauf zu gehen. und dabei auch etwas riskieren. und das bedeutet, nicht immer an die verletzungen denken, die mir dies zufügen kann. dies ist kein aufruf zur maßlosigkeit. eher eine erinnerung daran, dass höhen und tiefen, schönes und trauriges gleichermaßen zum leben gehören. und lebenswert und wünschenswert sind.

frohes fest! und einen guten rutsch in ein neues jahr voller schöner und intensiver momente!