Mittwoch, 11. April 2012

was gesagt werden muss

eigentlich genial: seit einer woche ist das aufreger-thema schlechthin in den medien ein gedicht. dass lyrik es soweit in die öffentlichkeit bringt, ist selten und ist wertvoll in meinen augen. aber ist diese lyrik an sich auch wertvoll? es wird zeit, dass ich dazu auch noch etwas loswerde. denn es gibt tatsächlich einiges, was gesagt werden muss.

günter grass ist eine schwierige und umstrittene person. allein wegen der tatsache, dass er selbst immer wieder auf einzelne personen und deren vergangenheit im zweiten weltkrieg hinwies, es jedoch versäumte, seine eigene darzustellen. skandalös ist, wie er das umging. nun schreibt er ein gedicht.

ja, es stimmt. israel gefährdet den weltfrieden. genauso wie viele andere staaten den weltfrieden gefährden. sicher gehört iran dazu. es stimmt, was er sagt, und es stimmt, dass wir darüber sprechen müssen. schweigen ist in diesem fall kein gold! grass übertreibt aber auch. das thema israelische atomwaffen ist nicht unter ein tabu gestellt, auch in den westlichen medien nicht. die lieferung der u-boote ist keinesfalls unumstritten. man könnte sagen, er lässt einige informationen aus, die relevant sein könnten. ob er das mit absicht tut? oder ob es ihm nicht wichtig erscheint?

in jedem fall: ich finde es wichtig, dass auch menschen in deutschland keinen maulkorb tragen müssen, wenn es um israel geht. ich finde es wichtig, dass wir auf den punkt bringen dürfen, was wir erleben und sehen. ich finde es wichtig, dass solche lyrik möglich ist. auch in deutschland. oder gerade in deutschland? wer hier zum schweigen aufruft macht einen fatalen fehler. denn schweigende mitläufer, das hatte deutschland im zweiten weltkrieg genug. diese schweigende und zuschauende masse machte leid und verbrechen erst möglich. ansonsten kann ich nur wiederholen, was ich im prinzip schon in meinem artikel nach meiner israel-reise betont habe (historische altlasten auf reisen): es ist furchtbar, dass wir, die jungen menschen, diese historische altlast zu tragen haben. ich bin wütend, dass ich so unfrei bin aufgrund dieser schrecklichen verbrechen im zweiten weltkrieg. ich bin unglaublich wütend, sobald ich daran denke.

ich denke, dass günter grass der falsche ist, die kritik an der politik des staates israel zu äußern. er ist aufgrund seiner eigenen geschichte eindeutig in der falschen position. aber grundsätzlich hat er recht mit dem, was er sagt.

was gesagt werden muss: die person ist falsch. die aussage nicht.

Mittwoch, 4. April 2012

radikal gedacht

immer wieder höre ich in diskussionen: "sei nicht so radikal!". und auch mein blog erscheint manch einem zu radikal. für viele gilt scheinbar immer noch das maß des angeblich goldenen mittelweges. und sicher hat dieser seine berechtigung in vielen bereichen. aber manchmal muss man einen weg rechts oder einen weg links davon einschlagen, soviel ist für mich sicher. wenn radikal bedeutet, neue gedanken zu formulieren, abweichend vom durchschnitt zu denken, zu handeln, zu fühlen, wenn radikal bedeutet, der gleichgültigkeit einen strich durch die rechnung zu machen – ja, dann bin ich unglaublich gern radikal. dann will ich radikal sein. und will sogar andere dazu aufrufen. irgendwie radikal? eigentlich überhaupt nicht. ich bin sicher nicht extrem. ich habe gewalt schon immer abgelehnt. ich gehöre nicht zu den steine-werfern. ich will aber auch nicht zu den mitläufern gehören. ich glaube, dass es etwas dazwischen gibt. ich bin gegen abschiebung von flüchtlingen und gegen diskriminierung und fremdenhass. ich habe ein problem mit nazis und deren gedankengut. ich bin gegen atomkraft. dafür glaube ich an kostenlose bildung und chancengleichheit. ich bin für ein bedingungsloses grundeinkommen, immer noch. ich glaube an keinen gott, dafür an menschen, die etwas bewegen können. und ja, wenn das alles radikal ist – dann bin ich es gerne.

ich hoffe, dass sich viele immer wieder auch auf seitenwege wagen. zumindest mal rüberschaun. und mal ausprobieren. denn wie kurt marti sagt: "wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge".

denn: beim kampf um die menschenwürde gibt es keinen goldenen mittelweg.

Dienstag, 13. März 2012

vom wasser

gestern war der erste tag des weltwasserforums 2012 in marseille. eine gute gelegenheit, ein paar worte über wasser zu verlieren.

wasser - wir brauchen es in so vielen bereichen. zum trinken, zur zubereitung von essen, um wäsche zu waschen und um uns selbst zu waschen. für die toilettenspülung und natürlich auch für die industrielle herstellung unzähliger produkte. ich hatte das glück, in einer gegend geboren zu sein, in der das wasser nicht knapp ist. ich kann jeden tag duschen- sogar so warm wie ich mag - und kann bei fließendem wasser mein geschirr abspülen. manchmal mach ich das sogar. welch luxus das ist, ist uns selten bewusst.

häufig wird moralisch appelliert: denk doch an all diejenigen, die keines haben! ohja, daran zu denken ist sehr wichtig. sich bewusst zu machen in welchem luxus man lebt, ist unwahrscheinlich wichtig. aber es ist doch gleichzeitig so: ob ich 5 oder 10 minuten dusche, wirkt sich vor allem auf den geldbeutel und natürlich auf die umwelt aus. aber soziales duschen gibt es nicht. das wasser, dass ich bei einer katzenwäsche spare, kommt nicht bei denjenigen an, die es benötigen!

betrachten wir den wasserverbrauch erst mal aus ökologischer perspektive. ja, es macht sinn, wasser zu sparen. zwar sind – darüber wurde in den letzten jahren häufig gesprochen – unsere leitungen für mehr wasser gedacht, als derzeit durchfließt. aber das ist ein mangel im system, nicht im sparsamen verbrauch.

und wo können wir auf indirekte weise am wasser sparen? ökopapier aus recycling-fasern und auch recycling-toilettenpapier ist super. neben der tatsache, dass hierfür kein bzw. kaum holz benötigt wird, brauchen die hersteller deutlich weniger wasser zur produktion. und viel wasser wird auch benötigt, um unsere fleisch-liebhaber zu versorgen. die herstellung von tierischen lebensmitteln ist extrem wasserintensiv. so geht die un davon aus, dass für ein kilo rindfleisch etwa bis zu 15.000 liter wasser benötigt werden. im vergleich dazu: für ein kilo reis sind nur 2.500 liter wasser nötig. ich rufe hier nicht auf, sofort zum vegetarier zu werden. aber ein nachsinnen über den fleischkonsum finde ich wichtig. und vielleicht schafft es doch der eine oder die andere, immer wieder auf fleisch zu verzichten - der umwelt zuliebe.

trotzdem kann wassersparen sozial sein, oder nicht? denn der größte wasserverbrauch findet in der industrie statt und indirekt haben wir da doch einfluss. fatal ist doch, wenn beispielsweise coca cola eine fabrik in nordindien besitzt und dort den menschen das lebensnotwendige gut abzwackt, um daraus ihr getränk herzustellen. viele unserer güter wie dieses koffein-gesöff werden inzwischen im ausland produziert. und dann diese firmen, die mit wasser geld machen. der große nestlé-konzert ist ein beispiel dafür. die kommerzialisierung und die privatisierung der wasserversorgung ist skandalös. auch in brasilien findet das statt. konzerne wie nestlé und coca cola kaufen hier wasserreiches land auf und entscheiden damit, wer hier zugang zu wasser hat. wie immer entscheidet geld darüber, wer gesund bleiben darf (siehe auch staytuned).
der film "bottled life" thematisiert die vorgehensweise von nestlé. leider habe ich den film noch nicht gesehen, da er in deutschland noch gar nicht gezeigt wird. die deutschen kinos bringen die dokumentation bisher nicht. warum? ich hoffe, dass es sich nur um eine verzögerung und nicht um eine verweigerung von wissensweitergabe handelt.

denn die un hat eben empörende zahlen veröffentlicht (nachzulesen unter wasser-statistiken der un): etwa 900 millionen menschen weltweit müssen ohne trinkwasser auskommen, 2,6 milliarden menschen stehen keine sanitären anlagen zu verfügung. und jedes jahr sterben etwa 3,5 millionen menschen an den folgen von schlechter wasserversorgung.

wasser ist keine ware! wasser ist teil der "würde des menschen". wasser darf nicht privatisiert werden und zu einem kommerziellen produkt werden. wasser ist ein menschenrecht.

das weltwasserforum steht auch dieses jahr stark in der kritik. es fordert offiziell eben diesen zugang zu sauberem wasser. aber letztlich erreichen wird es nicht viel, davon gehen experten aus. und die taz schreibt, dass zuviel geld für dieses forum ausgegeben wird, was direkt in brunnen investiert werden könnte – bei der eigentlichen wasserversorgung und nicht da, wo über sie gesprochen wird (taz-kommentar wasserforum).

und letztlich ist es diese ironie: dass diejenigen, die kein wasser haben, alles ausbaden müssen.

Donnerstag, 1. März 2012

tagebuch der empörung teil II

1.) christian wulff erhält nun doch den ehrensold. politische gründe für den rücktritt werden angegeben. da wird doch wieder mal alles so rumgedreht, dass es den mächtigen passt! für mich ist offensitlich, dass die gründe für wulffs rücktritt persönlicher art waren. dieser ehrensold ist hier nur ein sold ohne ehre.

2.) ein polizeikalender in bayern enthält einige fragwürdige, als rassistisch einzustufende karrikaturen. kritikern wird vorgeworfen, sie hätten keinen humor. oder es wird gesagt, diese art von galgenhumor sei eben nur für jemanden verständlich, der bei der polizei arbeite (siehe zum bespiel diesen artikel in der taz).
auf welcher seite stimmt hier eigentlich was nicht?

3.) die rechte szene findet schon seit langem nicht nur in der musik sondern auch beim fußball viele anhänger. nachdem es häufig mit rassistischen sprüchen gegen schwarze spieler ging, wurde jetzt auch ein israelischer spieler (itay shechter) mit antisemitischen parolen belästigt. vereine sollten sich klarer und entschiedener gegen diskriminierung dieser art positionieren.

Donnerstag, 23. Februar 2012

tagebuch der empörung teil I

1.) frontex-mitarbeiter fassen asylsuchende mit gummihandschuhen an, als seien diese minderwertige wesen oder gar abfall.

2.) putin erklärt in seiner rede im moskauer olympiastadion luschniki, die russen seien ein siegervolk, der erfolg liege ihnen in den genen. glaubt er, teil einer wertvolleren rasse zu sein?
und die anhänger bejubeln ihn.

3.) us-amerikanische soldaten verbrennen in afghanistan ausversehen exemplare des korans. sollten sie sich nicht ausreichend mit der gesellschaft vor ort auskennen und wissen, dass das eine todsünde im islam ist?
(dies sage ich im übrigen, ohne die afghanische reaktion entschuldigen zu wollen)

Donnerstag, 16. Februar 2012

deutsche gastfreundschaft

asylpolitik macht mich fast immer wütend. für mich ist sie jedesmal ein wichtiges kriterium bei den wahlen und tatsächlich muss ich immer wieder feststellen, dass in bezug auf asylpolitik eigentlich keine partei wählbar ist.

ich bin auch in diesen tagen immer wieder aufs neue entsetzt. obwohl offensichtlich ist, wie die situation in syrien derzeit ist, gibt es in deutschland bis auf schleswig-holstein keinen abschiebestopp für syrische flüchtlinge. und wer nach deutschland kommt, hat oft unter menschenunwürdigen bedingungen zu leben.

anfang des jahres protestierten jugendliche flüchtlinge, vorwiegend aus afghanistan, mit einem hungerstreik gegen die situation in der stillgelegten bayernkaserne in münchen. sie hatten nicht die versprochenen deutschkurse erhalten. eine aggressive atmosphäre breitete sich in der überfüllten erstaufnahmeeinrichtung aus, viele der minderjährigen flüchtlinge konnten nachts nicht schlafen vor angst. wer hier ruhe zum lernen sucht, findet kaum einen stillen ort. und wer hilfe sucht, findet selten einen ansprechpartner. für ein paar tage ist eine solche unterkunft akzeptabel, nicht aber für einige monate, wie das in der bayernkaserne der fall ist.

eine neue dokumentation der martin-niemöller-stiftung gemeinsam mit pro asyl zeigt, wie heftig auch die bedingungen in der sogenannten abschiebungshaft sind. in die abschiebehaft kommen nach §62 des aufenthaltsgesetzes all jene flüchtlinge und migrantinnen, die ausreisepflichtig sind, abgeschoben werden sollen und ihnen unterstellt werden kann, dass sie sich ihrer abschiebung entziehen könnten. etwas verbrochen haben diese menschen demnach nicht. dennoch werden sie häufig für mehrere monate in die abgeschiebehaft gesteckt, in denen oft erbärmliche zustände vorherrschen. die bedingungen sind von bundesland zu bundesland sehr unterschiedlich, wie die aus der dokumentation entstandene tabelle zeigt (haftbedingungen im überblick). in manchen dieser abschiebehaftanstalten haben die flüchtlinge nur zwei stunden hofgang täglich, dürfen kaum besuch empfangen oder telefonieren. Mahlzeiten müssen in den einzelnen zellen eingenommen werden. teilweise ist sogar gefangenenkleidung pflicht.

dies entspricht in etwa den bedingungen von strafvollzug und widerspricht damit der europäischen rückführungsrichtline, nach der sich abschiebungshaft deutlich von strafhaft unterschieden muss.

um es nochmal zu betonen: diese menschen haben nichts verbrochen.

pro asyl berichtet auch, dass viele menschen rechtswidrig in abschiebungshaft genommen werden. oftmals werden diese flüchtlinge dann nach einer gerichtsentscheidung freigelassen. daher ist es neben menschlichen unterbringungsumständen umso wichtiger, abschiebungshäftlingen zugang zu einer unabhängigen und guten rechtsberatung zu gewähren.

natürlich kann flüchtlingen nicht die heile welt europas präsentiert werden, die sie sich vielleicht in der fernen heimat vorgestellt haben. und leider haben wir wenig einfluss auf die eliten in manchen ländern, die macht ausüben und lebensformen bestimmen. aber wir haben einfluss darauf, wie wir verfolgte menschen, die eben aus diesen unterdrückenden bedingungen entfliehen, hier behandeln. wir, die europäische gesellschaft, die sich heute so satt und zufrieden im kissen räkelt, hat jahrelang von den kriegen und vom leid anderer nationen profitiert. diese verantworung, ja diese altlasten, haben wir zu tragen. auch die würde des flüchtlings sollte unantastbar sein.

Mittwoch, 15. Februar 2012

rot

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