Sonntag, 29. Januar 2012

geboren, um frei zu sein

"wir sind geboren, um frei zu sein" singt die legendäre gruppe "ton steine scherben" um rio reiser im jahr 1973 und so singen sie es immer wieder für mich, immer wenn mir danach ist. klingt das für euch nach einem schwachsinnigen ideal?

ich glaube, man kann das lied und seine message von mindestens zwei seiten betrachten. zum einen denke ich: wie nett. ist ja schön gesagt, aber wir sind nunmal keine komplett freien menschen. jede wird von ihren genen, von ihren mitmenschen, vom abstrakt so schön als "system" bezeichneten umfeld geprägt, und meistens fühlen wir uns auch nicht frei von finanzieller absicherung.

aber was steckt dahinter? vom geld abhängig bin ich nur in einem rahmen, in dem diese abhängigkeit aufrechterhalten wird. in einem system, in dem finanzen die große rolle spielen. unabhängiger vom geld würde ich beispielsweise durch ein bedingungsloses grundeinkommen werden. und die einflüsse der anderen, der mitmenschen? ja, ich muss sagen, die spüre ich auch oft. dann grüble ich, was die anderen darüber was ich mache oder sage, denken. wir kommen uns häufig so klein und unwichtig vor und hoffen, ein wenig liebe oder wenn möglich sogar sehr viel liebe zu erhalten. ist das nicht unwahrscheinlich unfrei?

zum anderen glaube ich an die freiheit. ich glaube, dass das wichtigste ist, sich dieses ziel des freiseins zu setzen. wie kann ich frei sein, wenn ich es nicht wage? wie kann ich mich lösen vom "was-denken andere-über-mich"-diskurs, wenn ich mich nicht engagiere, wenn ich nicht mein bestes tue, um dies loszuwerden? wäre es nicht wunderbar, sich mal zu fragen, was man wirklich will - als sich andersum zu fragen, was die anderen von einem wollen? wäre es nicht herrlich, sich mal zu fragen, welche seminare an der uni einen wirklich interessieren – als sich andersrum zu fragen, welche seminare an der uni einem creditpoints geben? wäre es nicht ein traum, einen beruf anzustreben, der einen glücklich macht – als sich andersrum zu fragen, welcher karriereweg einen reich machen kann? wäre es nicht schön, sich mal zu fragen, ob man selbst wirklich lieben kann und wen man liebt - als sich andersrum zu fragen, ob man geliebt wird und von wem?

ich glaube, freiheit ist vor allem freiheit im denken, nicht im tun. und dann sind wir doch irgendwie geboren um frei zu sein.

Mittwoch, 25. Januar 2012

wörterlust

worte können vieles sagen
und mit worten kannst du fragen.
manche steigern deine liebe,
andre worte sind wie hiebe.

es gibt worte die zerbrechen
vorsichtig darfst du nur sprechen.
manche wiederum sind klar,
direkt, prägnant und offenbar.

jeder der kommuniziert,
hofft das jemand auch kapiert
um was es ihm geht.

jeder will, dass der andre versteht.

oft bleibt sinn uns erst verborgen
dann verstehen wir uns morgen.
letztlich ist nur wichtig:
kaum ein wort ist nichtig.

lust an sprache, lust an worten,
lust am schreiben an allen orten.
schreiben werd ich oft für dich,
aber manchmal nur für mich.

Donnerstag, 5. Januar 2012

wer ohne schuld ist ...?


lieber herr bundespräsident und sonstige gestalten des öffentlichen raumes, die sich immer wieder mit dieser phrase rausreden: ihr nervt!

natürlich hat jeder von uns irgendwann einen fehler begangen. die einen kleinere, die anderen größere. jeder von uns hat sich irgendetwas zuschulden kommen lassen. mir wäre es jedoch peinlich, mich mit so einem satz retten zu wollen. wieso nicht einfach eine ehrliche entschuldigung, eine erklärung dessen, was war? wieso dieses relativieren und in beziehung zu all den fehlern zu setzen, die irgendwo auf der welt gemacht werden? die kredit-affäre, herr bundespräsident, ist nicht das eigentliche problem. der echte fehler liegt darin, die pressefreiheit anzugreifen. und darin, sich rausreden zu wollen. hätten sie doch gleich nach den ersten berichten über die kredite eine entschuldigung ausgesprochen! stattdessen waren sie stolz und eitel. und scheinbar so wütend über die situation, dass sie sich zu einem echt peinlichen anruf bei der bild hinreißen ließen. was ist da los? wie kann plötzlich der verstand so aussetzen?

und dann noch der satz "wer ohne schuld ist, werfe den ersten stein". ich kann dieses bibelzitat einfach nicht mehr hören. es ist so wunderbar einzusetzen bei jedem fehler, bei jedem eingeständnis von irgendwelchen schandtaten, ob größer oder kleiner. hier sollen keine parallelen gezogen werden, aber sogar hitler hätte dieses zitat bringen können und letztlich irgendwo recht gehabt.

dieses eitle getue und sich gleichzeitig als opfer darstellen – das nervt wirklich. ich glaube nicht, dass die bevölkerung bibelzitate will, sie will neue formen der entschuldigung, sie will ehrlichkeit und aufrichtigkeit.

ihre johanna

Mittwoch, 21. Dezember 2011

vom risiko

nun steht weihnachten vor der tür. alle jahre wieder gibt es diesen ungeheuren kaufrausch – geschenke, geschenke, geschenke. auch ich hab ein bisschen mitgemacht. voller vorfreude auf die gesichter der lieben beim auspacken. es wäre alle jahre wieder an der zeit, daran zu erinnern, wie verrückt dieser konsumrausch ist. wenn man sich die situation anderer menschen anschaut. wenn man in andere länder schaut und in familien, in denen man froh ist um sein täglich brot.

ich will es bei diesen paar zeilen erinnerung daran belassen. nicht, weil ich diese menschen in vergessenheit geraten lassen möchte – dann hätte ich sie gar nicht erst erwähnt – aber weil auch dieses erinnern alle jahre wieder ein bisschen nervt. dieser moralische zeigefinger.

ich hab in den letzten tagen viel weniger an weihnachten aber viel öfter an das neue jahr gedacht. 2012 – was wird es wohl bringen? mit vorsätzen für bestimmte handlungen konnte ich noch nie etwas anfangen. ob ich kommendes jahr weniger schokolade esse? keine ahnung, das entscheide ich spontan. und überhaupt ist das ein unrealistischer vorsatz. aber denkweisen oder -strategien – die kann man sich vorher mal bewusst machen. im sommer habe ich das gedicht "das pralle leben" gepostet (22. Juni 2011), das ich anfang des jahres geschrieben hatte. und es gilt wieder. auch das nächste jahr möchte ich mich immer wieder für das pralle leben entscheiden. das pralle leben – das heißt für mich in die vollen zu gehen. ich möchte nicht larifari, nicht wischiwaschi und all die anderen lustigen begriffe die man für diesen traurigen zustand wählt. ich möchte nicht anstreben, allen zu gefallen. ich möchte keine arschkriecherei. ich möchte einfach nur mit den menschen, die ich wirklich mag, eine gute zeit haben. ich möchte nicht aus angst auf bestimmte situationen auf bestimmte gefühle verzichten. ich möchte reingehen in diese situationen. ich möchte voll leben. ich möchte nicht auf das glück warten, sondern immer darauf zu gehen. und dabei auch etwas riskieren. und das bedeutet, nicht immer an die verletzungen denken, die mir dies zufügen kann. dies ist kein aufruf zur maßlosigkeit. eher eine erinnerung daran, dass höhen und tiefen, schönes und trauriges gleichermaßen zum leben gehören. und lebenswert und wünschenswert sind.

frohes fest! und einen guten rutsch in ein neues jahr voller schöner und intensiver momente!

Mittwoch, 30. November 2011

sand oder doch nur öl im getriebe

jeden tag gibt es etwas neues, sich zu ärgern. heute lese ich bei zeit online (link), dass deutschland an israel ein u-boot liefert, welches mit nuklarsprengköpfen bestückt werden kann. das ist ein vorgang, der gar nicht mal so selten ist. die rüstungsindustrie ist aktiver als vielen von uns lieb ist und wahrscheinlich passiert das auch mit absicht so im dunkeln. zu selten bekommt man wirklich mit, welche geschäfte da laufen. bereits 2005 hat wohl gerhard schröder, der damalige bundeskanker, diesen rüstungsdeal mit israel klargemacht. interessant an diesem geschäft ist jedoch auch die hohe kostenbeteiligung der deutschen, die nämlich ein drittel der kosten tragen. das sind also die deutschen steuerzahlerinnen, die den export von u-booten nach israel mitfinanzieren.
ist das absurd? es ist absurd.

es ist wie mit stuttgart 21. am meisten verwundert mich an großprojekten wie diesen, warum plötzlich eine menge geld da zu sein scheint. obwohl es doch ständig fehlt!? der staat und die länder verweisen immer wieder auf die hohen schulden. viele soziale und kulturelle einrichtungen verwaisen oder werden geschlossen aufgrund mangelnder gelder. aber gelder für prestige-projekte sind immer da. und geld ist scheinbar auch dort vorhanden, wo die rüstungslobby sich bereichert. sowieso: die tatsache, dass einige staaten von den kriegen der anderen profitieren ist einer der größten skandale überhaupt. eine tatsache, die skurril, vielleicht ökonomisch logisch (?), aber vor allem zugleich menschenverachtend ist. und jeder von uns ist teil dieses systems.

ich versuche auszubrechen aus dem system. ich versuche nachhaltig zu leben, ich versuche ökologisch und sozial zu konsumieren (oder ist das an sich schon ein widerspruch?). doch die grenzen sind klar erkennbar. zum beispiel beim kleidungskauf. firmen wie kik sind für mich tabu, und das nicht erst seit dem sehr guten dokumentarfilm von christoph lütgert für die ard (youtube-link). eine jeans für 5 euro, ein shirt für die hälfte? hier ist es offensichtlich, dass irgendjemand ausgebeutet wird. es kann gar nicht sein, dass für diesen preis arbeiterinnen im ach so fernen asien gut bezahlt werden können. es kann gar nicht sein! da braucht sich keine eine illusion machen. aber auch die anderen firmen sind da keine großen helden. bei h&m ist auch davon auszugehen, dass auf möglichst billige weise – und damit auch mit dumpinglöhnen der arbeiterinnen – hergestellt wird. und was ist mit den marken, bei denen mehr gezahlt wird? benetton, esprit, adidas und co.? wer glaubt, hier auf der sicheren seite zu sein wird bitter enttäuscht. sicherlich profitiert hier jemand. aber das sind bestimmt nicht die näherinnen der fabriken. das viele geld kommt doch in den chefetagen an und nie weiter unten. wenn ich darüber nachdenke wird mir ganz schlecht. es gibt ein paar wenige faire kleidungsmarken, aber welche studentin kann sich diese leisten? für mich ist die ökonomischste variante der kauf von gebrauchter kleidung. aber damit kurble ich natürlich nicht gerade die deutsche wirtschaft an ... und überhaupt: kann das die lösung sein?

ich werde jedenfalls ganz wahnsinnig beim einkaufen. auch bei lebensmitteln lege ich viel wert darauf, regional und saisonal zu kaufen. wütend werde ich, wenn in den supermärkten oft sogar das gemüse aus dem ausland kommt, das gerade in deutschland (quasi um die ecke) wächst. wie oft stehe ich vor den gemüseregalen, lese mir etiketten und beschriftungen durch, nehme ein produkt nach dem anderen in die hand, um es dann wieder zurück zu legen. einseitiger wird mein einkauf und komplizierter. an der kühltheke ist natürlich damit nicht schluss, sondern es geht damit weiter, dass ich bestimmte marken nicht unterstützen mag.

macht das, was ich da tue, überhaupt sinn? an manchen tagen werde ich ganz verrückt davon und stehe fassungslos im supermarkt. mir vergeht die lust am einkaufen, am kochen und am essen. und ich hoffe dann doch immer, dass ich mit dem was ich tue, sand im getriebe bin.

Donnerstag, 17. November 2011

sage nein!

nun ist einige zeit vergangen, seit ich zuletzt etwas geschrieben habe. das heißt jedoch nur, dass meine zeit im moment sehr knapp ist und nicht, dass mir nichts durch den kopf geht. im moment sind es sogar sehr viele themen, die mich bewegen. eines davon sind die nazis.

die entdeckung der rechten organisation " nationalsozialistischer untergrund" erinnert mal wieder auf unangenehme weise alle daran, dass der braune sumpf längst nicht ausgetrocknet ist. lange zeit konnte das thema wieder ignoriert werden von der öffentlichkeit, jetzt schreit es geradezu nach reaktion. endlich werden diskussionen über ein npd-verbot wieder lauter. seit jahren ärgert mich schon, dass aufgrund der großen anzahl an v-leuten dies nicht durchgesetzt werden kann. es kann doch nicht sein, dass das system sich ein eigentor schießt!

beim thema nazis fällt mir immer wieder der wunderbare text von konstantin weckers "sage nein" ein, dessen refain lautet: "ob als penner oder sänger, banker oder müßiggänger, ob als priester oder lehrer, hausfrau oder straßenkehrer, ob du 6 bist oder 100, sei nicht nur erschreckt verwundert, tobe, zürne, misch dich ein: - sage nein!" - "sage nein" von konstantin wecker

natürlich ist ein npd-verbot nicht alles. zum austrocknen des braunen sumpfes braucht es viel, viel mehr. aber es ist ein wichtiger schritt.

Sonntag, 23. Oktober 2011

nieder mit der gleichgültigkeit!

manchmal wirkt meine wut und meine empörung auf andere übertrieben oder überreagiert. zum teil kann ich das verstehen. gleichzeitig empört mich das erneut. wer legt denn fest, worüber ich mich aufregen darf? ab wann ist aufregen zuviel aufregen?

ich denke, dass es gut für unsere gesellschaft wäre, sich häufiger mal zu empören. viel zu vieles wird einfach akzeptiert, wird einfach hingenommen, als sollte es so sein. weil es so ist. dabei ist nicht alles, was wir als normal empfinden, allein durch diesen fakt der normalität in ordnung. auch das scheinbar normale kann empören. auch das gesellschaftlich anerkannte kann mich wütend machen. meistens sogar genau das.

und ich glaube, es gibt zuviel gleichgültigkeit auf der welt. zuviel schauen weg, verschließen ihre augen vor sensiblen themen, vor leid und ungerechtigkeit. bequem dazusitzen und zu sagen: reg dich doch nicht auf! - das machen viel zu viele menschen. es ist ja auch so leicht.

ich möchte in diesem punkt das gegenteil leben. in meinem blog bin ich sicherlich oft sehr emotional und provokant. ich möchte damit anregen, über die dinge zu diskutieren. ich möchte die normalität von begriffen und gegebenheiten in frage stellen. auch wenn das manch einer zuviel, zu subjektiv, zu wütend oder übertrieben ist – genauso werde ich weitermachen. ich möchte mich nicht einreihen in die gleichgültigkeits-schiene, auf der einige unterwegs sind. wahrscheinlich habe ich dieses bedürfnis, mich richtig kräftig aufzuregen, weil ich merke, dass einige sich gar nicht mehr aufregen. das ist dann quasi mein harmonie-bedürfnis, das ausgleichen möchte. und wer hat schon etwas gegen harmonie einzuwenden?? :-)